Abschied

Genre: Fanfiktion

 

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Abschied

 

Adrenalin raste durch den Körper. Schweißperlen suchten sich ihren Weg runter von der Stirn, rannen über die Schläfe und tropften hinab gen Boden. Es war ein heißer Tag und die Sonne schien unbarmherzig auf alle Anwesenden nieder. Kaum einer achtete auf den strahlenden Sonnenschein. Alle Augenpaare lagen nur auf das, was sich im Zentrum abspielte.
Ein großes Feld gespickt mit etlichen Felsformationen bildete das Kampfareal. Es gab am rechten Rand auch tieferes Wasser, jedoch spielte das für diesen Kampf keine Rolle. Gerade eben zerbarst ein Stein in Tausend kleine Stücke, als der Körper des Pokémon dagegen prallte und jenes zu Boden ging. Der Schiedsrichter begann zu zählen. Alle hielten die Luft an und warteten, ob es sich wieder aufrichten würde. Aber das tat es nicht. Es schnaufte, aber es war zu erschöpft und die Wunde an der rechten Flanke reichte aus, um es zum Aufgeben zu zwingen. Der Trainer musste das besiegte Pokémon zurückrufen.
Trotz dessen, dass dieser eine Kampf gewonnen war, bedeutete das nicht, dass die Entscheidung bereits gefällt war. Der Gegner besaß immer noch ein Pokémon und der Endkampf würde erst dann vorbei sein, wenn das letzte Pokémon eines Trainers kampfunfähig war. Die Menge brach in Jubelgeschrei aus, aber bereits in der nächsten Minute kündigte der Moderator des Stadions an, dass der Kampf weiter ging und der Trainer Marios sein letztes Pokémon rufen sollte.
Zum Jubeln war Jack nicht. Er war vom kleinen Zeh bis zu den Haarspitzen angespannt. Die Sonne brachte ihn zum Schwitzen. Er kam sich vor, als würde er selbst auf dem Platz stehen und kämpfen müssen, dabei bellte er hier nur am Rand die Kommandos, um seinem Pokémon zu sagen, was es zu tun hatte. Doch gleichzeitig machte er sich auch Sorgen. Ein Kampf war immer gefährlich und selten ohne Blutvergießen. Natürlich besagten die Regeln, dass ein Kampf vorbei war, wenn eines der Pokémon eindeutig unterlegen war. Man würde keinen Kampf in die Länge ziehen. Schließlich wollte man unnötige Verletzungen vermeiden. Aber manches Mal war das nicht abzuwenden. Sein treustes Pokémon stand noch immer auf dem felsigen Feld und wartete auf den nächsten Gegner. Das dunkle Fell, das fast schwarz wirkte, verschluckte die heißen Sonnenstrahlen. Jack konnte sich sehr gut vorstellen, dass Feanus ordentlich schwitzen dürfte. Wenn er könnte würde er es seinem Pokémon angenehmer gestalten, aber sie mussten beide hier durch. Wenn sie gewinnen wollten, würden sie die Sonne ertragen bis sie siegreich hervor gingen. Die blonde Mähne von Feanus begann in der Luft zu knistern. Es bereitete sich auf seinen Gegner vor, was so eben von dem anderen Trainer hervorgerufen wurde. Der Pokéball prallte auf einen Felsen und ein kampflustiges Tauros kam zum Vorschein. Drei lange Schweife peitschten in der Luft und würden schmerzhafte Striemen auf dem Körper des Voltensos hinterlassen, wenn es nicht vorsichtig war. Jack hatte seine beiden Hände fest zu Fäusten zusammengeballt, dass die Knöchel weiß hervorstachen. Wenn Feanus - sein Voltenso - das Tauros besiegte, würden sie gewinnen. Nur noch dieser eine Kampf! Außerdem hatte Jack ein letztes Pokémon als Reserve übrig. Wenn nötig könnte er austauschen.
Dann ging es auch schon los! Jack sah überrascht auf, als er das Tauros los stürmen sah, kaum das der Schiedsrichter den Kampf eröffnet hatte. Das Stier-Pokémon brüllte im tiefen Timbre auf und raste auf Voltenso zu. Jack musste nichts sagen, es wich von allein aus und entging so einer heftigen Hornattacke, die einen Felsen zerschmetterte. Dahinter steckte so unglaublich viel Kraft! Es wäre besser, wenn Feanus sich nicht von den Hörnern treffen ließ!
»Feanus! Mach dich bereit für einen Ladungsstoß!«, brüllte Jack zu seinem Pokémon-Partner. Feanus helle Mähne wie auch das längere Fell an seinen Seiten begann noch stärker zu brizzeln. Man hörte es in der Luft knistern und konnte die elektrischen Funken fliegen sehen, die nur darauf warteten richtig entladen zu werden. Ein tiefes Knurren drückte sich von weit unten aus Feanus' Kehle. Das Tauros ließ sich von alledem nicht beeindrucken. Sein Trainer rief bereits das nächste Kommando: »Tauros, setze Raserei ein und zeig diesem Voltenso wie stark wir sind!« Marios war ganz im Kampf gefangen. Er warf seine rechte Faust in die Luft und feuerte sein Pokémon an. Auch die Menge jubelte und applaudierte. Sie wollten Spannung und verschwendeten keinen Gedanken daran wie brutal solche Kämpfe auch sein konnten.
Feanus' Krallen bohrten sich in den Untergrund. Es wartete nur auf den richtigen Augenblick, dann entlud es all seine elektrische Energie. Wäre es dunkel, wäre diese Attacke eine beeindruckende Lichtshow gewesen. Blitze schossen aus dem aufgeladenen Fell des Pokémon und schlugen in umliegende Felsen ein. Noch viel wichtiger vor allem in das heranstürmende Tauros. Es wurde direkt getroffen und brüllte auf. Normalerweise war so eine Attacke sehr heftig und brachte jeden Gegner zum Straucheln. Es sei denn es handelte sich um ein Boden-Pokémon. Tauros war jedoch nicht vom Typ Boden. Es war Normal und wurde getroffen. Doch zu Jacks Erstaunen preschte es immer noch voran.
»Feanus, weich aus!«, rief er ihm zu. Zum Glück schaffte Feanus noch aus dem Weg zu springen, aber damit gab sich das Tauros nicht zufrieden. Die harten Hufe galoppierten über das Feld hinweg und hinterließen Hufabdrücke. Davon getreten zu werden wäre bestimmt genauso schmerzhaft wie ein Stoß mit den Hörnern.
»Feanus, pass auf!«
Das Tauros hatte sich umgewandt und raste auf das Voltenso zu. Es schnaufte und musste wieder zur Seite springen. Dann stieß es ein verärgertes Knurren aus. Ihm blieb nichts anderes übrig als in Bewegung zu bleiben, denn das Tauros war regelrecht fixiert auf Feanus. Eigentlich logisch, schließlich war es sein Gegner. Doch selbst aus der Entfernung konnte Jack erkennen, dass die Augen des Stier-Pokémon rot glühten. Es war ganz in Raserei gehüllt und da wusste Jack, dass dieser Kampf noch schlimmer werden konnte als er bisher den Anschein machte. Er musste schlucken und seine Kehle war so trocken, dass er fast das nächste Kommando nicht hatte rufen können.
»Feanus, versuche es mit einem Funkensprung aus dem Gleichgewicht zu bringen!« Wenn sie Tauros' Balance störten und es zu Boden ging, könnten sie den Kampf vielleicht für sich entscheiden. Voltenso machte sich bereit für die nächste elektrische Attacke, aber es war nicht einfach, wenn man selbst der Gejagte war. Tauros wurde nicht müde und setzte ihm immer wieder nach, dass es unmöglich schien sich darauf zu konzentrieren Spannung zu erzeugen, um sie auf den Gegner zu werfen. Auch Jack begriff das, der mit zunehmenden unguten Gefühl das Katz-und-Maus-Spiel verfolgen musste. Wieder knurrte Feanus auf und schlug einen Haken, um eine andere Richtung einzuschlagen, doch da peitschten die drei Schweife in seine Richtung und schnitten ihm nicht nur den Weg ab. Eine der Schweife traf Feanus hart, dass sich ein blutiger Striemen über das Gesicht des Elektro-Pokémon zog. Es kam dadurch selbst aus dem Gleichgewicht, was Tauros ausnutzte.
»Ja genau!«, rief noch Marios, der sein Pokémon anfeuerte. Tauros brüllte auf, raste auf Voltenso zu und traf es mit den mächtigen Hörnern. Feanus flog durch die Luft, dass Jacks Herz aussetzte. Er sah wie sein Pokémon hart zu Boden prallte. Ein schmerzhaftes Aufstöhnen war zu hören und damit sollte der Kampf eigentlich entschieden sein. Denn Feanus hatte keine Kraft mehr sich zu erheben. Der Kampf zuvor hatte schon einiges an Kraft gekostet. Jack begriff, dass es das Beste war Feanus zurückzurufen. Selbst der Schiedsrichter machte sich bereit den Kampf als beendet zu erklären, damit Jack dann sein letztes Pokémon rufen konnte. Doch es gab kein Ende. Nicht nur Jack sah mit größtem Entsetzten dabei zu wie Tauros noch nicht genug hatte. Auch Marios begriff nun, was vor sich ging und sah sein Pokémon auf das am Boden liegende zulaufen. Tauros hatte seinen Kopf so weit gesenkt, dass es das Voltenso mühelos wieder traf. Mit voller Wucht schleuderte der Stier das schon verletzte und erschöpfte Pokémon in die Höhe.
»Nein!«, schrie Jack bereits auf und rannte auf das Kampffeld. Er musste Voltenso da raus holen! Da aber die Entfernung zu groß war, reichte es nicht aus mit dem Pokéball auf sein Pokémon zu zielen. Er musste näher heran.
»Tauros, hör auf!«, hörte man auch Marios rufen. Dann geschah etwas Unfassbares.
Tauros hatte noch nicht genug. Es war so sehr in der Raserei gefangen, dass es dem Voltenso weiter zusetzte. Noch während Feanus in der Luft war und wieder gen Boden fiel, zielte Tauros auf jenes.
Die Welt hielt den Atem in dieser Sekunde an. Jack kam ins Straucheln und blieb wie angewurzelt stehen, als er sah wie sein geliebtes Feanus von den Hörnern des Tauros aufgespießt wurde.
Blut floss. Tränen genauso.
Später würde sich Jack nicht mehr daran erinnern können, ob er noch etwas geschrien hatte oder nicht. Das ganze Stadion schien in Stille gehüllt zu sein. Mitten drin Tauros und auf seinen Hörner ein Voltenso, das leblos da hing.
Die Welt um Jack wurde von Schwärze eingehüllt.


Es war unbegreiflich, was geschehen war. Mit starren leerem Blick sah Jack auf den grauen Stein vor sich. Eine Inschrift zeigte in nur einem knappen Satz die Gefühle, die so viel bedeutet hatten:
Feanus – der treuste Freund von allen.
Niemals hätte Jack geglaubt, dass es so zu Ende gehen würde. Kämpfe waren blutig, aber die Todesrate dabei war in den letzten Jahren stark dezimiert wurden. Und trotzdem geschah es. Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass er einer der Trainer sein würde, der sein Pokémon auf diese Weise verlieren würde. Der Kampf war natürlich verloren gewesen. Jack war nicht im Stande gewesen danach noch sein letztes Pokémon zu rufen. Er wusste nicht einmal mehr genau was danach überhaupt passiert war. Er hatte nur noch dieses eine Bild vor Augen: Tauros, das seinen besten Freund auf die Hörner spießte. Feanus, welches sein Leben aushauchte in dem Moment, als es durchbohrt wurde.
Es war grausam und für Jack völlig unbegreiflich. Wie hatte es nur so weit kommen können? Es war kein Trost für ihn, dass Marios freiwillig vom Wettkampf zurück getreten war. Dadurch kam Feanus auch nicht zurück.
Tränen bildeten sich erneut in den Augenwinkeln. Jack war nicht nur traurig. Er war auch wütend! Vor allem auf sich selbst. Er hätte früher reagieren sollen, hätte früher handeln und Feanus aus dem Kampf zurückziehen müssen. Aber er hatte es nicht getan und dafür hatte sein Pokémon mit dem Leben bezahlt.
»Verdammt!« Hilflos prallte die zusammengeballte Faust auf den Grabstein vor ihm. Er war dabei auf die Knie gesunken. Wie sollte er jetzt weiter machen, ganz ohne Feanus? Würde er überhaupt noch ein Trainer sein wollen, der Kämpfe bestritt?
Jack sah auf. Mit nassen Augen musterte er die Inschrift. Die Wut hatte er verbannt und fühlte in sich neben der Trauer auch die Liebe zu seinem besten Freund. Es war vorbei.
»Ich werde dich nie vergessen, mein Freund. Niemals.«