Der Weg zum Aufstieg

Genre: Fanfiktion

 

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Der Weg zum Aufstieg

 

Noch immer ärgerte sie sich darüber, dass man sich lustig über sie gemacht hatte. Chris nahm es gelassen hin, doch sie wollte es nicht auf sich sitzen lassen. Daher war ihr Gesicht auch mürrisch, während sie gemeinsam mit Chris hinter ein paar Büschen hockte und die Alte mit ihrem Pokémon über den Weg entlang schlurfen sah. Sie war wirklich langsam. Selbst ein Schneckmag oder ein Viscora hätte an der alten Oma vorbei rasen können.
»Lass uns endlich zuschlagen«, sagte Shira und knurrte Chris ungehalten an.
»Die Alte wird sowieso nicht … «
»Pscht!«, unterbrach Chris sie in ihrem Gezeter, dass Shira bitter böse zu Chris rüber sah.
»Mach nicht einfach pscht! Die Alte ist ein leichtes Ziel und ihr Terribark wird uns auch nicht aufhal-« Schon wieder wurde sie unterbrochen, diesmal jedoch, indem Chris einfach seine Hand über ihren Mund legte und sie so zum Schweigen brachte. Ungehalten versuchte sie los zu maulen, aber er hielt sie fest, dass sie nichts sagen konnte. Auch dann nicht, als sie mit ihren eigenen Händen versuchte ihn abzuschütteln. Vergeblich. Sie war viel zierlicher als er. Seine Pranke war unmöglich von ihr los zu bekommen. Er sah sie noch nicht einmal an, sondern beobachtete die Umgebung. Erst da bemerkte Shira, dass er nicht auf die alte Frau beim Weg achtete, sondern woanders hinstarrte. Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen und als er merkte, dass sie sich beruhigt hatte, ließ er sie los.
»Was ist?«, fragte sie ihn sofort. Wenn Chris so ernst drein sah, dann war immer irgendwas los, das wusste sie. Schließlich kannte sie ihn schon ihr Leben lang, war mit ihm gemeinsam in der Kindergrippe gewesen und später auch in der Schule. Selbst heute noch hingen sie fast täglich zusammen herum.
»Da ist irgendwer«, sagte er knapp. Ein Plappermaul war er nicht, das war eher Shira. Sie war diejenige, die viel redete, sich schnell aufregte und explodieren konnte, wenn ihr etwas nicht passte. Sie war auch immer diejenige, die gleich mit dem Kopf durch die Wand rennen wollte und lieber erst handelte und danach Fragen stellte. Chris war ihr Gegenteil und das nicht nur wegen seiner ruhigen Persönlichkeit und seinem nachdenklichen Charakter. Er war auch viel größer und besaß auch weit mehr Muskelmasse als sie. Nicht, dass sie nicht sportlich war, denn die beiden trainierten gemeinsam. Aber ihm sah man die Kraft deutlich an. Jetzt blickte sie mit ihren grünen Augen in die Richtung, in die auch Chris sah.
Nur wenige Minuten später tauchte tatsächlich jemand aus dem Dickicht auf und bahnte sich einen Weg aus dem Wald und zum Weg. Sie befanden sich hier in der Nähe von Mamoria City und damit im Vertania Wald. Der Wald selbst hatte nicht besonders viel zu bieten. Die Pokémon, die hier lebten waren schwach und kaum der Rede wert, vor allem weil sie zahlreich waren. Keine Pokémon, die besonders heiß begehrt waren. Das Terribark der alten Frau wäre da schon eher ein Fang gewesen. Die kleinen Viecher waren hier und da beliebt, besonders als Familien-Pokémon. Man konnte sie schnell an den Mann bringen und dadurch Geld machen.
Das war Shiras Ziel gewesen. Denn nachdem dieser Lance sich lustig über Chris und sie gemacht hatte und sie verhöhnt hatte, dass sie es nicht wert waren im Team aufgenommen zu werden, hatte sich Shira dazu entschlossen es diesem Ekelpaket zu zeigen. Sie würde gemeinsam mit Chris ihm ein Pokémon präsentieren, was er nicht ablehnen konnte. Denn wenn sie eines besorgten, konnten sie auch weitere anschaffen. So einfach war das! Statt dem Motto der allgemeinen Trainer jedoch zu folgen hinaus in die Welt zu ziehen und Pokémon zu fangen, hatte Shira da eine viel bessere Idee. Hinaus in die Städte ziehen und dort die Pokémon unter ihren Nagel reißen. Warum ewig lange auf die Suche gehen, wenn das schon andere getan haben? Es gab so viele Menschen in der Stadt und daher auch so viele Pokémon, die man sich schnappen konnte.
Shira wollte zum Team Rocket gehören, wollte der Welt zeigen, dass man sich vor ihr fürchten musste!
»Das ist ein Ranger«, unterbrach Chris ihre Gedankengänge. Er selbst hatte nie den dringlichen Wunsch ausgesprochen, dass er unbedingt ein Rocket Mitglied werden wollte, um das große Geld zu machen oder auf diese Weise an seltene Pokémon heranzukommen. Aber er stand ihr bei, half ihr bei ihrer Unternehmung, denn sie waren schon immer ein unschlagbares Team gewesen.
»Was will denn ein Ranger hier?«, fragte Shira genervt und beobachtete den Typen, der den Weg erreicht hatte. Die alte Frau hatte ihn bemerkt, sich zu ihm umgedreht und er hob die Hand zum Gruß. Kurz darauf plauderten die beiden miteinander, dass Shira aufstöhnte.
»Das kann doch nicht wahr sein«, meinte sie und ärgerte sich erneut. Wenn dieser Ranger dort war, würden sie die Alte nicht so einfach überfallen können!
»Perfekt!«, hörte sie neben sich Chris murmeln.
»Perfekt? Was soll denn daran perfekt sein? Das ist ein Desaster!«, zeterte sie sofort los und musste ihre eigene Lautstärke regulieren, damit der Ranger und die Alte sie nicht hörten.
»Jetzt schau doch mal genau hin, Shira«, ermahnte Chris sie und deutete auf das Pokémon, was neben dem Ranger lief.
»Nanu?« Das hatte Shira bisher völlig ignoriert.
»Ein Aquana. Evoliten sind unsagbar beliebt und wertvoll. Viel besser als ein Terribark!«, redete Chris weiter und Shira musste ihm Recht geben. Ein Aquana wäre doppelt so viel wert. Ach, was dachte sie, fünffach so viel! Mindestens!
»Das ist wirklich perfekt. Aber wie trennen wir es von diesem Ranger? Der wird definitiv mehr Widerstand leisten als die alte Oma«, dachte Shira laut nach.
»Vielleicht mit einem Ablenkungsmanöver?«, schlug Chris vor und sah sie fragend an. Shira dachte darüber nach und strich sich eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht. Mit einem Ablenkungsmanöver könnten sie Erfolg haben. Ihre grünen Augen fixierten den Ranger und sein Aquana. Er war in das Gespräch mit der Oma vertieft und schien ihr Hilfe anzubieten, sie zurück nach Mamoria City zu begleiten. Chris und Shira hatten die Alte extra bis hier raus in den Wald verfolgt, um die passende Gelegenheit zu nutzen ihr das Terribark zu entreißen. Eigentlich hätten sie es auch längst getan, wenn nicht dieser Ranger aufgetaucht wäre.
»Okay, ich werde die beiden ablenken und du schnappst dir Aquana, ja?«, wies Shira Chris an, der ihr zustimmte. Sie stand auf, blieb aber noch im Dickicht verborgen, damit weder der Ranger noch die alte Frau sie bemerkten. Jetzt, da es los ging, wurde sie doch innerlich etwas nervös. Nach außen hin gab sie sich als die Coole aus, die alles meistern konnte, dennoch hatte sie dieses »Lampenfieber«, das ihr den Magen umdrehen ließ.
»Du schaffst das«, bestätigte Chris ihr und hatte sie bereits damit durchschaut und wusste von ihrer Anspannung.
»Natürlich schaffe ich das. Ich bin die Beste!«, kam es von ihr selbstbewusst und überspielte damit die Nervosität. Auch gegenüber Chris wollte sie nicht schwach wirken. Sie zupfte noch an ihren Sachen herum, um sie zu ordnen, obwohl das überhaupt nicht nötig war und atmete tief durch. Genau, sie würde das schaffen. Sie musste nur für ein bisschen Ablenkung sorgen.

»Ja, seit mein Enkel nicht mehr da ist, gehe ich immer allein mit Teddy spazieren«, erzählte die alte Dame und hatte sich an Eriks Arm untergehakt. Ihre Knie knirschten leise bei jedem Schritt, die allgemein sehr langsam waren. Die alte Frau war eben vom Alter körperlich gezeichnet und konnte schon lange nicht mehr so schnell, wie es die Jugend noch konnte. Aber das war für Erik kein Problem. Er war schließlich dafür da zu helfen, auch wenn seine Aufgabe in erster Linie darin bestand die Naturschutzräume zu bewachen, damit keine Wilderer den frei lebenden Pokémon zu nahe kamen. In letzter Zeit häuften sich einige Berichte, was ihn beunruhigt hatte. Dennoch hatte er die Zeit eine alte Dame mit ihrem Terribark zu begleiten, damit sie auch sicher wieder die Stadt erreichte.
»Wo ist ihr Enkel jetzt?«, fragte er, um den Plausch fortzuführen.
»Ach, er ist auf große Reise gegangen, um … « Die alte Dame stoppte in ihrer Erzählung, als wie aus dem Nichts vor ihnen eine junge Frau auftauchte. Sie stolperte hinter ein paar Büschen und Bäume hervor. Ihre Kleidung - eine schwarze Hose, die unten in Boots steckte, und das legere Oberteil - wirkten durcheinander. Ihre braunen langen Haare ebenfalls, in denen sogar noch ein paar Blätter waren. Sie sah aus, als hätte sie sich durch den Wald gewühlt, wobei diese Annahme gar nicht mal so verkehrt war. Shira hatte kurz zuvor sich tatsächlich über den Boden gerollt und sich zusätzlich noch Dreck in das Gesicht geschmiert, damit es auch wirklich dramatisch wirkte.
»Hilfe … bitte … «, sagte sie nun mit verzweifelter Stimme, taumelte noch ein paar Schritte weiter und sackte auf die Knie hinab. Sie atmete schwer und war völlig erschöpft. Das löste genau die Reaktion aus, die sie gewollt hatte. Erik, der Ranger, lief auf sie zu.
»Was ist passiert? Bist du verletzt?«, fragte er sie besorgt, hockte sich zu ihr runter und wollte überprüfen, ob sie tatsächlich Verletzungen hatte.
»Ich wurde überfallen«, sagte Shira mit schwacher Stimme und kippte nach vorn, so dass Erik sie auffing. Seine Reflexe waren gut, aber ihm blieb sowieso nichts anderes übrig. Sie wäre sonst einfach auf ihn drauf gefallen.
»Wer hat dich überfallen?«, wollte er von ihr wissen und konnte keine Platzwunde an ihrem Kopf finden. Vielleicht war sie aber anderswo verletzt? Die alte Frau kam mittlerweile zu ihnen heran, um helfen zu wollen.
»Armes Kindchen, wir sollten sie zu einem Arzt bringen«, sagte die Alte und Shira grinste innerlich zufrieden. Die beiden waren so sehr von ihr abgelenkt, dass sie nicht mitbekamen, wie sich Chris aus seiner Deckung löste und leise heran schlich. Seine blonden Haare waren unter seiner Mütze versteckt, die hervorragend zu seinen schwarzen Sachen abgestimmt waren. Er ging in die Knie, als er sich nahe genug dem Aquana genähert hatte und versuchte es ein wenig zu sich zu locken. Indem er sich hingehockt hatte, wirkte er nicht mehr so groß und gefährlich. Außerdem streckte er seinen Arm dem Wasser-Pokémon entgegen und hielt seine Hand hin, damit es Vertrauen fassen konnte. Es ließ sich darauf ein, schnupperte an seinen Fingern und ahnte nicht, was Chris vor hatte.
»Oooh!«, hörte er Shiras Stimme vor Dramatik triefen. Der Ranger und die alte Frau achteten nicht auf ihre Pokémon, weswegen Chris die Chance nutzte und zuschlug. Er hatte ein Seil mit einer Schlaufe, die er vorsichtig um den Hals des Aquanas legte. Dieses ahnte gar nicht, was das zu bedeuten hatte, bis die Schlaufe sich komplett um den Hals gelegt hatte und sich zuzog.
»Perfekt«, sagte Chris leise und lächelte triumphierend. Als er noch ein bisschen mehr an dem Seil zog und das Pokémon auf den Arm heben wollte, fiepste es panisch auf. So viel Nähe zu Fremden war ihm doch nicht ganz geheuer. Der Schreckenslaut des Wasser-Pokémon brachte das Terribark dazu los zu kläffen und zwar so laut, dass selbst die alte Oma es hören konnte und deren Ohren waren wirklich nicht mehr die Besten.
»Was zum …?«, fragte Erik überrascht, als er zu den Pokémon sah und einen fremden Mann entdeckte, der sein Aquana auf den Armen trug. Jenes zappelte und strampelte mit den Beinen, aber Chris war schneller gewesen. Er hatte dem Pokémon bereits einen Maulkorb angelegt. Jetzt konnte es so viel zappeln wie es wollte, auch wenn es recht kräftig war, so hielt Chris es eisern fest.
»Was machst du mit meinem Pokémon?“, rief Erik entsetzt auf und wollte aufstehen, obwohl er noch Shira hielt, damit sie nicht umkippte. Die reagierte sofort auf das Aufbegehren und sprang auf die Füße. Schon im nächsten Moment rief sie ihr eigenes Pokémon.
»Lazzy, du bist dran!« Erik wusste gar nicht wie ihm geschah und worauf er zuerst reagieren sollte.
»Was geht hier vor sich?«, wollte er wissen und sah zwischen beiden hin und her. Auch Chris hatte sein Pokémon gerufen. Ein ausgewachsenes Iksbat, welches er auf den Ranger hetzte, um ihn davon abzuhalten weder auf Shira loszugehen, noch ihn zu verfolgen.
»Wer zu viele Fragen stellt, hat verloren!«, rief Shira triumphierend aus. Ihr eigenes Pokémon, ein Nidorina, wies sie an eine Giftstachelattacke auf Terribark auszuführen. Die alte Frau verstand nicht so recht, was hier vor sich ging. Immer wieder kam ein »Oh du meine Güte, oh du meine Güte« ohne, dass sie irgendetwas unternahm. Ein leichtes Spiel für Shira, die feststellte, dass nicht nur die Oma alt war, sondern auch ihr Pokémon. Das Terribark war zu langsam und wurde voll von dem Horn von Nidorina getroffen. Terribark heulte und winselte, ehe es auch schon zu Boden ging.
Der Ranger hielt seine Arme vor seinem Gesicht, um Iksbat daran zu hindern ihn zu beißen oder anderweitig zu verletzen. Er kam nicht dazu ein anderes Pokémon zu rufen, sofern er überhaupt eines hatte. Das wusste Shira nicht, aber das war ihr auch völlig egal. Sie rannte los und zu ihrem eigenen Pokémon wie auch dem Terribark. Das Pokémon der alten Frau winselte noch einmal, als Shira es auf ihre Arme hob.
»Ist ja gut, du armes kleines Ding«, sagte sie zu diesem, wobei ihre Stimme einen leichten sarkastischen Unterton besaß. Sie hatte gar nicht vor das Pokémon zu beruhigen, aber hier lassen würde sie es auch nicht. Solche Gelegenheiten durfte man sich nicht entgehen lassen. Ob das Terribark am Ende sich als nützlich erweisen würde, war zwar eine andere Frage, aber darüber konnte sie sich auch später den Kopf zerbrechen.
»Oh du meine Güte«, kam es wieder von der alten Oma, deren Kreislauf kurz vor einem Zusammenbruch stand. Chris befahl seinem Pokémon die Dunkelnebelattacke auszuführen und so ließ Iksbat einen schwarzen Nebel aufkommen, der die Sicht des Rangers als auch der alten Frau beeinträchtigte.
»Nichts wie weg hier!«, wies Shira ihrem Partner an. »Adieu, du Vollpfosten!«, ließ sie es sich außerdem nicht nehmen dem Ranger zu verhöhnen. Sowohl Chris als auch sie nahmen die Beine in die Hand und gemeinsam liefen sie mit den geklauten Pokémon davon. Der Ranger wollte ihnen nach, doch als die alte Frau zusammenbrach, weil ihr Kreislauf die ganze Aufregung nicht vertrug, blieb ihm nichts anderes übrig, als zurückzubleiben und ihr zu helfen.

»Uuuuh ja! Es hat funktioniert!«, jubelte Shira und hüpfte im Kreis auf und ab, weil sie ihren Triumph feierte.
»Ich war so gut! Der Typ ist echt auf diese hilflose Nummer reingefallen, was für ein Idiot!«, feierte Shira weiter und tänzelte durch den Raum. Chris ging nicht weiter darauf ein. Er hatte die Pokémon in die Käfige gesteckt, die sie in ihrem Versteck aufbewahrt hatten. Beide trugen nun auch einen Maulkorb, damit sie nicht zubeißen konnten, aber besonders bei Aquana war das wichtig, damit es keine Wasserattacken einsetzen konnte. Die Käfige mit den Stahlgittern sollten aber sie sowieso davon abhalten zu fliehen.
»Ich glaube, Terribark wurde durch Lazzy vergiftet«, merkte Chris nachdenklich an. Er betrachtete das Pokémon der alten Frau sehr genau. Es lag auf dem Käfigboden und hechelte schwer. Es war sehr erschöpft, obwohl es nur von einer Attacke getroffen worden war. Entweder war das wirklich nur das Alter oder das Pokémon war tatsächlich vergiftet.
»Mhm, haben wir noch Gegengifte parat?«, fragte Shira, die sich wieder beruhigt hatte. Sie war kein Unmensch. Okay, ja, sie hatte einer alten Frau das Pokémon entrissen und dabei geholfen einen Ranger zu beklauen, aber hey, so war nun mal die Welt. Friede-Freude-Eierkuchen konnte es nicht überall geben. Entweder man war stark und rücksichtslos oder schwach und nett und besonders Letzteres wollte Shira nicht sein. So sah das aus.
»Vielleicht«, antwortete Chris ihr und ging zu dem Schrank auf der linken Seite des Raumes. Er öffnete ihn und kramte darin herum, während Shira noch einmal die Pokémon betrachtete, ehe sie auf ihre Armbanduhr starrte.
»Man, dieser Lance lässt sich aber auch verflucht viel Zeit.« Pünktlichkeit schien nicht zu seinen Stärken zu gehören. Nachdem Chris und sie auf den Weg zurück ins Versteck gewesen waren, hatte Shira bereits Lance kontaktiert, um ihm mitzuteilen, dass sie ein Geschenk für ihn beziehungsweise für das Team Rocket hatten.
Chris hatte mittlerweile im Schrank das notwendige Gegengift gefunden, aber auch festgestellt, dass sie ihre Vorräte dringend wieder aufstocken mussten. Er kümmerte sich um das Terribark, während Shira wieder damit beschäftigt war im Raum auf und ab zu gehen.
»Dieser Typ … «, begann sie erneut und verlor so langsam die Geduld wie auch die gute Laune. Doch dann klopfte es an der Tür. Dreimal und dann noch einmal. Das Klopfzeichen, was sie ausgemacht hatten, sehr gut! Shira tauschte mit Chris einen kurzen Blick aus, dann ging sie zur Tür. Innerlich wappnete sie sich darauf, was nun kommen würde, während Chris auf der Hut blieb. Solange sie nicht zum Team Rocket gehörten, sollte man bei diesen Verbrechern besser Vorsicht walten lassen. Shira öffnete die Tür und ließ Lance eintreten. Er war tatsächlich gekommen, obwohl er sich über sie lustig gemacht hatte, dass sie es gar nicht drauf hatten. Scheinbar war er doch neugierig gewesen, was die beiden zu präsentieren hatten. Im Schlepptau hatte er zwei Rocket Rüpel dabei, die genauso zwielichtig wirkten wie Lance selbst. Dunkel gekleidet und mit grimmigen Gesichtern. Shira ahnte, dass sie bewaffnet waren, aber damit waren sie nicht allein. Sie tauschte noch einmal einen flüchtigen und verstohlenen Blick mit Chris aus, ehe sie Lance anwies ein Stück näher zu den Käfigen zu treten.
»Ein kleines Geschenk. Und es könnten noch mehr werden«, ließ sie den Rocket Vorstand wissen. Dieser betrachtete mit kritischer Miene die gefangenen Pokémon.
»Hmpf, und was sollen wir mit denen?«, fragte er und wirkte abweisend. Eine Sekunde lang zuckte Shira innerlich zusammen. Ihre Anspannung stieg, aber sie zwang sich ruhig und vor allem cool zu bleiben. Er wollte sie aus der Reserve locken, doch in diesem Fall durfte sie das nicht zulassen! Langsam trat sie an Lance heran, stellte sich neben ihn und sah auf das gefangene Aquana, das sie angefaucht hätte, wenn es nur könnte.
»Wir wissen beide, dass besonders die Entwicklungen von Evoli heiß begehrt sind. Wir werden jemand anderen finden, der uns eine Menge Geld dafür geben wird«, sagte sie ruhig und sah Lance herausfordernd an. Team Rocket waren nicht die einzigen zwielichtigen Gestalten, die auf dem Schwarzmarkt mit Pokémon handelte und sich ein goldenes Näschen daran verdiente. Es gab viele Pokémon-Sammler, die auf diese Weise an die beliebten Viecher heran kommen wollten und ohne Rücksicht große Summen notfalls dafür ausgaben, um genau das zu bekommen, was sie am meisten begehrten. Das wusste Lance. Das wusste Shira. Es wussten alle in diesem Raum. Lance ließ sich Zeit zu antworten, doch dann erhob er seine Stimme.
»Ich werde euch demnächst weitere Instruktionen geben, wohin ihr sie bringen müsst.« Mehr sagte er nicht, als er sich umdrehte und den Raum auch schon verließ. Seine Rüpel folgten ihn. Ein bisschen war Shira schon enttäuscht darüber, aber andererseits wusste sie, was das eben zu bedeuten hatte. Sie begann zu grinsen und sah Chris an, der die Hand nach oben hielt, damit sie triumphierend einschlagen konnte.
»Geschafft!«