Dämmerlicht

Genre: Fanfiktion

 

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Dämmerlicht

 

Schneller, verflucht noch einmal, schneller! Obwohl ich mein Bestes gab und versuchte immer schneller zu werden, um die Beute nicht entkommen zu lassen, musste ich mit zunehmender Enttäuschung feststellen, dass ich immer weiter abgehängt wurde. Ich knirschte die Zähne aufeinander und gab alles, was ich konnte. Meine Lungen brannten, mein Feuer in mir loderte und erhitzte mein Gemüt noch mehr, doch ich erreichte es einfach nicht. Tief in mir brodelte der Frust obgleich dieser Erkenntnis und ich wagte den Rest meiner verbliebenen Energie in einen weiten Sprung zu kanalisieren. Kräftig drückten sich meine Pfoten vom Boden ab und katapultierten mich weit, weit nach vorn. Ich streckte mich aus, schob meine Krallen weit nach vorn und war mir sicher, dass ich es erreichen würde. Doch im allerletzten Moment verfehlte ich mein Ziel und ich schaffte es nicht mehr mich abzufangen. Mit einem heftigen Aufschlag ging ich zu Boden, rollte über den staubigen Boden und spürte, wie mein Körper an mehreren Stellen beschwerend aufjaulte. Der Schmerz war heftig und benebelte mir meine Sinne. Die Welt kam nur langsam wieder zur Ruhe, nachdem ich mich mehrere Male überschlagen hatte und irgendwann liegen blieb. Mir war ganz schwindelig und ich hatte meine Augen fest zusammengekniffen, um zur Ruhe zu kommen. Mehrere Minuten lag ich einfach nur da, ohne mich zu rühren. Erst als eine feuchte Nase mich an stupste, gab ich ein Brummen von mir, was zeigte, dass ich noch lebte.

„Dämmerlicht? Bist du in Ordnung?“, fragte mich eine Stimme, die mir nur zu gut bekannt war. Ich öffnete eines meiner Augen und sah direkt in das Gesicht von Sternchen, die vor mir hockte und mich besorgt ansah. Sie legte sogar den Kopf schief. Ein tiefes Aufschrauben verdeutlichte meine Enttäuschung und ich setzte mich langsam auf. Dabei heulte meine Seite stechend auf und ich biss erneut die Zähne zusammen.

„Bist du verletzt, Dämmerlicht?“, wollte Sternchen wissen und begutachtete mich von allen Seiten.

„Nein, geht schon, alles in Ordnung“, sagte ich, obwohl es eine Lüge war. Vermutlich hatte ich mir die rechte Rippe etwas gestaucht, denn es tat ganz schön weh. Aber ich schluckte den Schmerz runter und versuchte ihn zu ignorieren.

„Sicher?“, hakte Sternchen nach und ich verdrehte genervt die Augen.

„Ja doch, jetzt sei still“, fuhr ich sie an, stand komplett auf, schüttelte mich trotz Schmerzen und bewies ihr, dass alles in Ordnung war. Überzeugt davon war sie nicht, aber ich ignorierte sie einfach.

„Wo sind die anderen?“, wollte ich wissen und sah mich um.

„Bei der Beute“, antwortete sie mir prompt. Es war nicht die Beute, die mir durch die Pfoten gegangen war, das wusste ich sofort, als ich in Sternchens Augen sah. Anders als bei uns anderen besaß sie blaue Augen. Wir hatten sonst normalerweise schwarze, so wie unser Fell komplett schwarz war, wenn man vom braunen Brust- und Bauchfell absah sowie unseren braunen Schnauzen. Auf unseren Köpfen und dem Rücken hatten wir außerdem Knochengebilde, die genauso hart waren und uns daher vor Schaden schützten. Leider hatte mir das bei meinem Sturz nicht viel geholfen.

Gemeinsam mit Sternchen lief ich zu den anderen, die sich als gemeinsames Rudel über die erlegte Beute hermachten. Manche stritten sich um die besten Stücke, dass mir allein beim Anblick schon das Wasser im Maul zusammenlief.

„Wer hat … ?“, begann ich Sternchen zu fragen, die mich sogleich unterbrach.

„Schattenklaue hat es erlegt“, antwortete sie mir. Hätte ich mir ja denken können, dass es Schattenklaue gewesen war. Er war von uns allen der Stärkste und Größte, was unter anderem auch daran lag, dass er von uns der am weitesten entwickelte war. Seine nach hinten gebogenen Hörner auf dem Kopf waren eindrucksvoll, sein Schweif peitschte in der Luft als Warnung und seinen Klauen und Reißzähnen kam man besser auch nicht zu nahe. Er war derjenige, der sich unter allen anderen durchsetzte und daher natürlich die besten Stücke abbekam. Sein Maul war blutverschmiert und seine Augen zeigten die Gier des Hungers wie bei allen anderen.

Ich näherte mich mit Sternchen nur langsam dem erlegten Kronjuwild und suchte mir ein paar Brocken raus, die ich selbst verschlingen konnte, ohne dass mich jemand anfuhr. Meine Seite schmerzte noch immer, so dass ich mir eine Auseinandersetzung mit den anderen im Moment nicht leisten konnte. Hätte ich es geschafft das Sesokitz vorhin zu erlegen, hätte ich mein eigenes Festmahl gehabt, aber so war ich auf diese Beute hier angewiesen.

Wir verschlangen alles, so dass vom Kronjuwild am Ende nicht mehr viel übrig blieb und kehrten danach gesättigt zu unserer großen Höhle im Wald zurück. Es war unser Revier und in dieser Nacht waren wir sehr erfolgreich gewesen. Na ja außer ich, der es schön vermasselt hatte. Sternschnuppe und Nachtschwärmer hielten es mir glatt vor und machten sich über mich lustig. Da auch Schattenklaue davon Wind bekam, konnte ich sein gehässiges Grinsen sowie seinen Blick, den er mir zuwarf, nur allzu deutlich erkennen. Ich ärgerte mich darüber und schnaubte.

„Mach dir nichts draus, Dämmerlicht, beim nächsten Mal erwischt du es!“, versuchte mich Sternchen aufzuheitern, aber mir war nicht danach. Ich schnaubte noch einmal auf und zog mich für diese Nacht zurück, um mich auszuruhen. Hoffentlich würde der Schmerz in der nächsten Nacht vergangen sein, denn den Tag über verschliefen wir, da wir nachtaktiv waren.

 

„Wach auf, Dämmerlicht!“ Eine sehr drängende und aufgeregte Stimme schrie mir ins Ohr. Pfoten auf meinem Rücken rüttelten mich durch, um mich aus dem Schlaf zu holen. Ich war ganz benommen und wusste erst nicht, was los war. Verwirrt über die Aufregung, die von Sternchen ausging, blinzelte ich sie an. Ihr schwarzes Fell war gesträubt und ihre blauen Augen musterten mich eingehend.

„Lass mich, ich …“, begann ich zu protestieren, aber sie ließ mich nicht in Ruhe, gab mir sogar einen heftigeren Stoß mit ihrem Schädelknochen auf dem Kopf.

„Dämmerlicht“, brüllte sie noch einmal meinen Namen, so dass ich mich in Bewegung setzte und aufstand.

„Sie sind da, komm schon, wir müssen unser Revier verteidigen!“, drängte sie mich zur Eile und lief daraufhin los. Ich verstand erst gar nicht, was sie mir damit sagen wollte. Sie sind da? Wer denn? Ich schüttelte zuerst den Schlaf von mir und bemerkte dabei, dass mir immer noch die Seite weh tat. Aber es war nicht mehr so schlimm.

Ich folgte langsam Sternchen aus der Höhle, die für uns alle ein geschützter Schlafplatz war. Draußen angekommen, konnte ich sehen, dass bereits der Mond aufgegangen war und das nicht erst vor kurzem. Hatte ich etwa verschlafen?

„Dämmerlicht!“ Als ich noch einmal meinen Namen hörte, riss ich mich vom klaren Sternenhimmel weg und rannte selbst los. Noch mit müden Knochen lief ich Sternchen hinterher und konnte im Hintergrund das Jaulen meiner Brüder und Schwestern hören. Sternschnuppe, Nachtschatten und Nachtschwärmer konnte ich vernehmen und auch der starke Schattenklaue war zu hören. Das alarmierte mich umso mehr, weswegen ich meine stechende Seite ignorierte und gemeinsam mit Sternchen durch den Wald hetzte. Neben dem Brüllen und Knurren meines Rudels hörte ich noch etwas anderes, je näher ich dem Tumult an unserer Reviergrenze kam. Es waren Fiffyens und Magnayens, ein verfeindetes Rudel, welches es schon immer auf unser Revier abgesehen hatte. In unserem Waldstück gab es die besten Beute-Pokémon, die schönsten Plätze und natürlich auch die größte Höhle für ein großes Rudel. Ich wusste nicht, wie oft wir schon gegen das Rudel von Magnayen gekämpft hatten, um als Sieger hervorzugehen, doch heute war alles anders. Als ich das Kampfgewimmel erreichte, war es auf den ersten Blick schwierig zu erkennen, welches schwarze Fell zu wem gehörte. Ich brauchte einen Augenblick länger, um mir einen Eindruck zu beschaffen. Meine Hunduster-Kameraden legten sich hauptsächlich mit den Fiffyens an, während Schattenklaue von gleich drei Mangnayens umzingelt war. Seine gebogenen Hörner setzte er immer wieder als Waffen ein, genauso wie seinen peitschenden Schweif und seine Klauen und Krallen.

Ich traute meinen Augen kaum, denn das letzte Mal hatte es unter den verfeindeten Rudel nur ein Magnayen gegeben! Hatten sich welche entwickelt? Normalerweise brauchte ich mir keine Sorgen zu machen, denn ich wusste wie stark Schattenklaue war. Doch dieses Mal sah es so aus, als würde er unterliegen. Kaum hatte er einen Angriff eines Magnayens abgewehrt, da bedrängten ihn die anderen beiden. Einer von denen warf sich sogar auf Schattenklaues Rücken und biss ihm heftig in die Schulter. Er jaulte vor Schmerzen auf, aber gleichzeitig entbrannte in seinen Augen die Wut. Er kämpfte wie ein wildes Tauros, doch ich fürchtete, dass er es dennoch nicht schaffen würde.

„Dämmerlicht, wir müssen etwas unternehmen!“, hörte ich Sternchen. Sie war nicht die Stärkste von uns, eher zart gebaut, wenn auch flinker und wendiger als wir anderen. Als sie los stürmte, um Schattenklaue zu Hilfe zu eilen, bekam ich einen Schrecken. Vor allem, als ich sah wie eines der Magnayen einfach hart austrat und sie im hohen Bogen davon katapultierte. Sie winselte vor Schmerzen auf und prallte gegen einen Baum.

„Sternchen!“, schrie ich und lief zu ihr. „Mein armes Sternchen“, winselte ich und schleckte ihr behutsam über die Flanke. Sie gab einen jämmerlichen Laut von sich, was mich unglaublich wütend machte. Wie konnten sie Sternchen so verletzen? Ich brüllte und knurrte auf, setzte mich in Bewegung und stürzte mich auf die Magnayen. Ja verflucht, ich war schwächer als sie, aber mein Wille war stark und so oft sie mich auch abschüttelten und davon stießen, ich rappelte mich immer wieder auf. Ich wollte kämpfen und mein Rudel wie auch mein Revier verteidigen. Schattenklaue war mit einem der Magnayens beschäftigt und warf ihm sein Feuer entgegen. Nur kurz war ich abgelenkt und bemerkte nicht, wie eines der Magnayens von hinten kam und mich mit seinen Klauen erwischte. Ich erhielt eine schlimme Fleischwunde an der Flanke, die mich fast lähmte. Wir mussten dieses Rudel zurückdrängen! Das war der einzige Gedanke, den ich fassen konnte. Was sollte sonst aus uns werden? Aus Schattenklaue, der niedergerungen wurde und aus meinem lieben Sternchen, die immer besorgt um mich war? Selbst dann, wenn ich sie harsch an maulte, ließ sie sich nicht von mir abschrecken. Sie war diejenige, die stets zu mir hielt und sich freute, wenn ich ihr ein bisschen Aufmerksamkeit schenkte.

Ich brüllte noch einmal auf und verbiss mich am Bein eines Magnayens. Es schnappte nach mir, schüttelte mich und ich flog davon. Mein ganzer Körper war nur noch ein einziger Schmerz und meine Energie war so gut wie aufgebraucht.

Ich durfte nicht … aufgeben! Nur mühsam rappelte ich mich auf, meine Beine zitterten und mein Blick war rot, weil mein eigenes Blut mir in die Augen lief. Ich knurrte immer wieder und stürmte voran.

Ganz gleich was aus mir wurde, ich musste meine Familie beschützen! Ich musste Sternchen schützen! Also warf ich mich erneut in den Kampf und wurde von einem heftigen Energieschub erfasst, der meinen Körper durchströmte. Mein Wille war so stark und unerschütterlich, dass er in mir die Energiewelle auslöste, die dazu führte, dass ich mich veränderte. Auf einmal wurde ich größer, meine Muskeln wuchsen an, mein Schweif wurde länger, aus meinem Kopf wuchsen Hörner. Ich begriff gar nicht, was genau mit mir geschah und stürzte auf die Magnayens vor mich, als es vorbei war. Meine Zähne bissen nach ihnen und das Feuer loderte so heftig in mir auf, dass ich eine wahre Feuerbrunst ihnen entgegen schleuderte. Ob das der Grund war, dass sie genug hatten, wusste ich nicht, aber einer nach dem anderen winselte auf und floh. Sie rannten, als wäre Giratina höchstpersönlich hinter ihnen her.

Ich sah noch immer blutrot und setzte ihnen nach, bis ich von ihnen nichts mehr sah oder hörte. Erst dann schaffte ich es mich langsam wieder zu beruhigen. Mein Körper bebte noch immer und der Schmerz kehrte langsam zurück. Der Wald lag totenstill da. Alle Pokémon darin schienen den Atem angehalten zu haben. Erst jetzt wurde mir diese Stille wirklich bewusst, denn vorher hatte es Kampflärm gegeben.

„Dämmerlicht?“ Eine zarte Stimme drang an mein Gehör und ich wandte meinen Blick vom dunklen Wald ab, wo die Magnayen verschwunden waren, und sah die blauen Augen von Sternchen.

„Sternchen, geht es dir gut?“, fragte ich frei heraus und auf einmal lief sie auf mich zu, sprang mich an und drückte sich gegen mich.

„Dämmerlicht!“, hörte ich sie noch einmal. Sie hatte sich Sorgen gemacht und war froh, dass alles vorbei war. Ich konnte mich gar nicht retten und ging zu Boden. Einerseits völlig erschöpft, andererseits von ihren Liebkosungen niedergerungen. Immer wieder winselte sie und leckte mir dabei über die Nase. Ganz langsam kamen auch die anderen zu uns. Ich spürte beim Aufsetzen erneut eine heftige Welle des Schmerzes und hechelte erschöpft. Der Kampf hatte mir einiges an Kraft gekostet und die Entwicklung … Unfassbar, dass ich nun ein Hundemon war! Sie hatte in mir so viel Energie ausgelöst, dass ich mich vorhin stark und mächtig gefühlt hatte, doch nun war ich matt und wollte mich einfach nur noch hinlegen. Hätte ich auch getan, wenn da nicht die anderen aus meinem Rudel wären. Schattenklaue humpelte und blieb wenige Meter vor mir stehen. Unsere Augen trafen sich, aber ich war mir nicht sicher, was ich in seinen Augen erkennen konnte. Er sagte nichts. Auch die anderen sprachen kein Wort. Sie sahen mich nur intensiv an. Irgendwann löste sich Schattenklaue, wandte sich ab und ging. Er verschwand zwischen den Bäumen, aber ich war mir nicht sicher, was das bedeutete. Erkannte er meine neu dazu gewonnene Stärke an? Würden wir später gegeneinander kämpfen müssen, um herauszufinden, wer von uns der Stärkere war? Allein dieser Gedanke löste Sorge in mir aus. Die anderen lösten sich ebenfalls und folgten Schattenklaue. Nur Sternchen blieb bei mir, weswegen ich mein Blick zu ihr wandte. Ich blickte ihr in die blauen Augen, nur einen kurzen Augenblick, dann schmiegte sie ihren Kopf wieder an den meinen und wirkte glücklich, dass alles so gut ausgegangen war.

Ob das hier wirklich ein gutes Ende genommen hatte, konnte ich zwar nicht beurteilen, aber ich war froh, dass es allen soweit gut ging und wir erneut die Magnayens und Fiffyens zurückgedrängt hatten.

Also war doch alles gut.